Premiere: 15.10.2021 in der Schaubude Berlin
Fanny und Alexander wachsen in der quirligen Welt einer Theaterfamilie auf – bis ihr Vater stirbt und ihre Mutter einen Bischof heiratet. Im asketischen Kirchhof prallen Generationen, Wahrheiten und Lebensentwürfe schnell aufeinander und ein erbitterter Kampf zwischen Kindern und Stiefvater entbrennt.
Die Inszenierung von Nis Søgaard interpretiert Ingmar Bergmans opulenten Filmklassiker mit einer modernen Laterna Magica. Iduna Hegen, Karoline Hoffmann und Pierre Schäfer erzählen am magischen Videotisch mit Schatten- und Papiertheater, mit Pop-up-Buch und Projektionen, mit ihren Körpern und Stimmen die Geschichte zweier Kinder auf der Suche nach ihrem Platz in der Erwachsenenwelt. Eine intensive Geschichte um Wahrheit und Lüge, Realität und Fiktion.
Kritik von Barbara Fuchs auf www.fidena.de: „Ein emotionales Spiel um Wahrheit und Lüge, die Macht der Fantasie und den Mut von Kindern und Frauen, gegen Gewalt aufzustehen. (…) Iduna Hegen, Karoline Hoffmann und Pierre Schäfer, die zum ersten Mal zusammen auf der Bühne stehen, setzen diese Schwarz-Weiß-Welt emotional wirkungsvoll in Szene. Sie sprechen Monologe als Erzähltheater, in denen sie aus unterschiedlichen Perspektiven Räume, Situationen und Gefühle beschreiben und wechseln immer dann, wenn es Dialoge gibt, ins Schauspiel, Puppenspiel oder Schattentheater. (…) Ohne Kindertümelei spielt Pierre Schäfer den zehnjährigen Alexander. Die junge Karoline Hoffmann mimt die kleine Schwester Fanny, die fest zu ihrem Bruder hält, sowie die Mutter Emilie. Iduna Hegen ist in sechs Rollen zu sehen: Herausragend ist sie als Großmutter Helena Ekdahl, die eine berühmte Schauspielerin war und noch immer die größte Autorität genießt. Auch die drei Männer, der kreative Vater Oscar, der fanatische Bischof Edvard Vergérus sowie der Antiquitätenhändler, Freund der Familie und früherer Geliebter von Helena – Isak Jacobson – werden von ihr verkörpert. (…) Eine schöne Szene der zwei Frauen, die von Bildern am Lichttisch unterstützt wird. Karoline Hoffmann hat eine starke Präsenz als schwangere Emilie, die ihren Mann verlassen will. In einem ergreifenden Tanz wird ihre Verzweiflung emotional mit dem Playback-Song „I’d do anything for love“ von Meat Loaf in Szene gesetzt.(…) Als sein Vater Alexander wieder als Geist erscheint, verwünscht Alexander Gott und Vater, weil keiner von beiden hilft. Eine verbotene Tür öffnet sich und Isaks jugendlicher Neffe Anders, der über telepathische Fähigkeiten verfügt, verbündet sich mit ihm. Das Gesicht von Karoline Hoffmann, die für den Jungen Anders spricht, ist durch Papiermasken verdeckt. Eine Maske nach der anderen reißt sie ab, die letzte, eine tiefschwarze, bleibt hängen. Diese Szene geht unter die Haut (…) Das Spiel mit Realität und Illusion, Wunsch und Wirklichkeit, Fantasie, Täuschung und Lüge, das in Bergmans Bühnentext in immer neuen Variationen aufscheint, wurde im Film durch opulente Bilder wiedergegeben. Hier aber mit der karg eingerichteten Bühne, werden fantastische Bilder mit der Laterna magica von den Darsteller*innen im Techniker*innen-Outfit erzeugt. Aber es ist vor allem der gesprochene Text, der die Imagination des Publikums in Gang setzt. Bei allem Ernst gibt es auch Spielwitz und immer wieder schauspielerische Glanzlichter.“